FOCUS Online betätigt sich in einem Kommentar über die drohende Abschaffung des Bargelds einer Propaganda-Masche, die wohl selbst für ein hauseigenes Bankenblatt zu niederträchtig wäre.
Am Dienstag brachte die Online-Zeitung “FOCUS Online” einen entlarvenden Beitrag über die angebliche Notwendigkeit der Abschaffung des Bargeldes. In gewohnter Manier, war der Artikel des FOCUS-Redakteurs Volker Tietz dabei als Kommentar getarnt. Auf diese Weise schirmt man sich geschickt von Vorwürfen ab, man berichte tendenziös. Denn in meinungsbetonten Kommentaren, so heißt es immer, möchte man ein “Meinungsspektrum” abbilden.
Was dabei natürlich jeder Redakteur weiß: Man gibt nur solche Kommentare in Auftrag bzw. druckt nur solche ab, die auch irgendwo in das Bild der Zeitung passen. Wirklich widerborstige Kommentare wie z.B. “Warum die Abschaffung des Bargelds einer kalten Enteignung den Weg bereiten” oder dergleichen, findet man indes vergebens.
Tietz’ Kommentar kam kurz nachdem der langjährige Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, vor einem Plan des IWF warnte, nachdem Transaktionen von Bargeld zu E-Geld mit einer Steuer belegt werden sollen. Aufgrund der Prominenz des Ökonoms, schaffte es sogar ein (ausgesprochen kurzer) Beitrag zu dem Sachverhalt in den FOCUS. Der Redakteur nimmt allerdings nicht direkt Sinns Warnung Bezug. Dem Leser scheint es, als wäre die schriftliche Brandrede gegen Bargeld völlig unabhängig davon publiziert worden.
Die beste Propaganda erfolgt subtil
Die Einleitung des Artikels liest sich, als ob nun ein objektiver Artikel folgen würde, indem sorgsam Vorteile und Nachteile der Bargeldabschaffung einander aufgewogen werden. Gleich am Anfang fragt der Redakteur rhetorisch “Bevormundung oder die Zukunft?”.
Doch schon im ersten Absatz wird langsam aber stetig begonnen dem Leser das Bargeld madig zu machen:
“Wir Deutschen sind Cash-Könige. Wir lieben Bargeld, die vielen Kupfermünzen, die das Portemonnaie ausbeulen und die Hosentasche, ehe die 1,2 und 5-Cent-Münzen im Sparschwein verschwinden. Oder die verknitterten Scheine, auch wenn sie schon einmal eingerissen oder verdreckt sind.”
Suggeriert werden soll natürlich, dass der Deutsche am Bargeld festhalte, weil er sich aus irrationalen Gründen in “viele Kupfermünzen, die das Portemonnaie ausbeulen” und “verknitterte[] Scheine” verliebt habe. Ironisch nennt er diese dusseligen Gesellen dann “Cash-Könige”.
Auf den ulkigen Paragraphen folgt dann der abschätzige Vorwurf, die Deutschen seien “rückwärtsgewandt”. Nach Meinung des Autors führe “kein Weg an der Abschaffung [des Bargeldes] vorbei”. Tja, die Deutschen sind schon ein wenig dumm oder? Sie wollen sich vor dem unabwendbaren Schicksal aus einer Verliebtheit in Kupfermünzen verschließen.
Persönliche Erfahrung
Wer einmal ein Seminar für NLP (Neurolinguistisches Programmieren) besucht hat, weiß, dass sich nichts besser zur Beeinflussung des Zuhörers bzw. Lesers eignet, als die Schilderung persönlicher Erfahrungen. Und so berichtet auch der “Journalist” (der sich – so hat es auf mich den Anschein – nebenher auch als Banken-Lobbyist verdingt) von der Gemütlichkeit, beim Einkauf mit seiner Kreditkarte zu zahlen. Gemütlichkeit hat Völkern schon immer den Weg in die Freiheit geleitet oder etwa nicht?
Die Deutschen hinken angeblich hinterher
Und außerdem seien andere Nationen viel fortschrittlicher, so der Autor. Die Skandinavier haben sich bereits von der Last des Kupfergeldes befreit, warum also nicht auch wir? Ganz klar wird hier mal wieder das Bild der “German Angst” gezeichnet. Ein anti-deutscher Stereotyp, nachdem das mitteleuropäische Volk eine inhärente “Angst vor Veränderung” hätte.
Zwar räumt der Autor ein, dass digitale Zahlungen ihre Spuren hinterlassen, doch schwört er schon im nächsten Satz, dass dies doch angesichts der besseren Durleuchtung von “Verbrechern” eigentlich etwas Positives sei. Natürlich musste sich Tietz auch vom Schein-Argument hinreißen lassen, dass Freiheit immer auch Freiheit der Verbrecher bedeutet und daher am besten ganz abgeschafft gehört.
Als letztes meint der obrigkeitshörige “Journalist” dann noch, dass unsere Denkweise “nicht konsequent” sei. Denn auf der einen Seite geben wir all unsere Daten auf den Sozialen Medien preis und auf der anderen Seite fürchten wir uns dann vor einer Auslesung unserer Daten, wenn es ums Geld geht. Dass die Nutzung sozialer Medien aber freiwillig erfolgt und man dort außerdem selbst entscheiden kann, ob und welche Daten man von sich preisgibt, wird mit keinem Wort genannt.
Argumentationsführung gespickt von Scheinargumenten
Aber ist die Hauptkritik an der Abschaffung des Bargeldes wirklich die Durchleuchtung der Bürger? Nein! Das ist vor allem ein vorgeschobenes Scheinargument, welchem sich der augenscheinliche Banken-Lockvogel (Anm.: Sarkasmus) bedient, um die tatsächliche Kritik zu verschleiern. Diese wäre: Eine bargeldlose Welt ebnet den Weg für die kalte Enteignung.
Aktuell hat die EZB (Europäische Zentralbank) den Leitzins auf 0,00% gesetzt. Da die Geschäftsbanken ihr Geld von der EZB leihen, sind sie gezwungen sich an dem Leitzins zu orientieren. Im Schnitt erhält der Bürger zur Zeit also keine Zinsen auf Spareinlagen. Würde der Zins unter 0,00% gedrückt werden (Negativzins), würden die Bürger ihr Geld abheben und bar im heimischen Tresor horten. Gibt es allerdings kein Bargeld mehr, steht den Banken Tür und Tor für den Negativzins offen. Und genau das ist im “fortschrittsorientierten” Schweden bereits passiert. Schweden hat derzeit einen Negativzinssatz von -0,50%.
Wie kann es also sein, dass der Diplom-Betriebswirt Tietz darüber kein Wort verliert? Ob seine Vergangenheit beim Deutschen Sparkassenverlag damit etwas zu tun hat? Darüber lässt sich wohl nur spekulieren. Fakt ist aber, dass der Ressortleiter für Finanzen bei FOCUS Online (aus welchen Gründen auch immer) seine Hausaufgaben nicht gemacht hat.
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