Christoph Bergmanns Bitcoin Buch | Eine Rezension

0
2733
Rezension über Christoph Bergmanns Bitcoin-Buch. | © Bitcoin-Buch.org

Ende letzten Jahres veröffentlichte Christoph Bergmann, der Redakteur von Bitcoinblog.de, sein Buch “Bitcoin – die verrückte Geschichte vom Aufstieg des neuen Geldes”. Eine Rezension:

Vor einigen Wochen sandte mir Christoph Bergmann, der Redakteur von Bitcoinblog.de, ein Exemplar seines neuen Buches zu. Natürlich handelt es von Bitcoin. Als treuer Leser seines Blogs habe ich keinen Zweifel daran gehabt, dass es sich dabei um Literatur erster Güteklasse handeln wird. Ich wurde nicht enttäuscht.

Selbst für einen Leser wie mich, dessen Beruf es ist, sich tagtäglich mit Bitcoin auseinanderzusetzen, lieferte Bergmanns Buch viele neue Erkenntnisse und Perspektiven. Hier wurde ein Werk geschaffen, dass genau die richtige Balance aus Detailreichtum und Prägnanz hält. Ob Neuling oder eingefleischter Krypto-Fan, das Buch enttäuscht nicht.

Inhaltsangabe

Nach einer kurzen Zusammenfassung von Bitcoins Charakteristika, untersucht der Autor zunächst die Entwicklungsgeschichte der Kryptographie. Vom Cäsar-Code, über die Tabula Recta, die Vigenère-Chiffre bis hin zur Enigma der Nationalsozialisten lernt der Leser, über die Stärken und Schwächen der antiken Verschlüsselungsmethoden. Durch die Erfindung des Computers wurde Kryptographie grundlegend verändert. Vor allem die asymmetrische Kryptographie (i.e. der Idee zwei Schlüssel zu generieren, einen öffentlichen und einen privaten) brachte Verschlüsselungsmethoden auf ein beispielloses Sicherheitsniveau.

Die Erfindung solcher Verschlüsselungsmethoden ebneten den Weg für dezentrale Digitalwährungen, auch Kryptowährungen genannt. Nachdem einige Modelle, darunter eCash von David Chaum und b-money von Wei Dai, aufgrund technischer Unzulänglichkeiten scheiterten, wurde schließlich Bitcoin geschaffen. Eine auf Kryptographie beruhende Digitalwährung, welche die Synthese aller Fehler und Lektionen ihrer Vorläufer darstellte. Das erste funktionierende dezentrale Geld des Internets.

Der zweite große Abschnitt trägt den Titel „Das Geld des Internets“. Hier wird en détail die Entwicklung des Bitcoin seit 2009 entrollt. Wer schon immer einmal von einem Fachmann erfahren wollte, was denn den Wert dieser Digitalmünze überhaupt ausmacht und wie es ihr gelang sich zu einer ernstzunehmenden Währung zu etablieren, erfährt hier die Antwort.

Der dritte Teil ist mit 60 Seiten am kürzesten und dreht sich rund um den virtuellen Schwarzmarkt Silk Road. Der Gründer Ross Ulbricht hatte die Plattform unter seinem Cyber-Pseudonym Dread Pirate Roberts gegründet. Gezahlt werden konnte nur mit einer Währung – Bitcoin. Dieser feuchte Traum von Libertären und Bitcoinern wurde 2013 allerdings durch die amerikanischen Geheimdienste ausgetrocknet. Ulbricht wurde verhaftet und die Plattform lahm gelegt.

Zum Schluss folgt dann noch ein Abschnitt über den „Bitcoin-Bürgerkrieg“ zwischen Big Blockern und Small Blockern. Also solchen Bitcoinern, welche die Blockgröße des Bitcoins anheben oder flexibel gestalten wollen und solchen, die meinen, dass die Blockgröße nicht wesentlich über 1 MB angehoben werden darf. Bergmann stellt hier beide Standpunkte einander gegenüber und beleuchtet die jeweiligen Motivationen der Parteien.

Auf den letzten Seiten des Buches ist dann noch ein 25-Seiten starkes Glossar aufgeführt, wo von Altcoin über MemPool bis Zero-Knowledge-Proof alle wichtigen Fachbegriffe nochmal hinreichend erläutert werden.

Erster Eindruck

Beim Entpacken des Buches war ich über die Dicke der Lektüre erstaunt. Mehr als 400 Seiten saftiger Bitcoin-Stoff – nicht schlecht. Der lose Einband dagegen machte auf mich einen weniger guten Eindruck, zeigt doch die Erfahrung, dass solche Papierumschläge schnell verschleißen. Ansonsten wirkt Buch optisch durchaus hochwertig. Dazu tragen auch die zahlreichen Zeichnungen bei, die sich durchs ganze Buch ziehen. Aber genug zu den Äußerlichkeiten.

Ein Blick aufs Inhaltsverzeichnis offenbart die Fülle an Informationen, die der Autor hier untergebracht hat. Es geht hier nicht nur ein bisschen um Bitcoin und Blockchain, sondern vor allem auch um die technologischen Hintergründe, welche den Weg für Bitcoins Erfolg bereitet haben. Auch die Einteilung in vier Abschnitte ist sinnvoll gewählt. Bei so vielen Informationen die einem in der Kryptowelt täglich um die Ohren fliegen sieht man teilweise den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Dem Autor ist es hier sehr gut gelungen den Leser an der Hand durch den Bitcoin-Dschungel zu führen.

Stil

Der Schreibstil ist unterhaltsam, sachlich, packend und vor allem auch gut verständlich. Anders als beim Lesen von Antonopoulos’ Mastering Bitcoin müssen sich Leute wie ich, die von Coding keinen Schimmer haben, hier nicht das Gehirn verrenken, um den Inhalt zu erfassen. Jedes Wort ist überlegt gesetzt und sprachlich klar. Im Gegensatz zu dem gehypten Buch von Julian Hosp, ist das Buch auch keine Selbstbeweihräucherungsorgie, sondern behält seinen Fokus auf Bitcoin.

Gut gefällt mir, dass das Buch trotz Sachbuch-Genre eine Spannungskurve hat. Während der Anfang noch äußerst nüchtern und sachlich gehalten ist, gewinnt das Buch mit jedem Kapitel an Spannung. Diese gipfelt dann in dem Blockstreit im vierten Kapitel. Dieses lässt sich eigentlich nur noch aufregender machen, indem man es auditiv durch Requiem for a Dream aufputscht.

Die Bitcoin Bibel

Der Autor hat einen, wie ich finde, besonders eleganten Weg gefunden, seine Leser an das Thema Kryptographie heran zu führen. Man wird von ihm nämlich nicht einfach ins kalte Wasser geschmissen, sondern über die Geschichte der antiken kunstvoll an die heutige Kryptographie herangeführt. So lernt man z.B., wie der Cäsar-Code und die Tabula Recta funktionierten und auch warum sie schlussendlich geknackt wurden. Erst wer versteht, warum die antiken Kryptographen scheiterten, kann verstehen, warum moderne Verschlüsselungsmethoden so sicher sind. Wer sich schon immer einmal gefragt hat, weshalb die Bitcoin-Technologie als so sicher gilt, während doch so viele andere Systeme am Laufenden Band gehackt werden, sollte mal einen Blick in das Kapitel „Kryptographie: Die Basis aller Dinge“ werfen.

Wenn Satoshi der Prophet einer neuen dezentraleren Welt ist, könnte man Christoph Bergmanns Buch vielleicht als dessen Bibel bezeichnen. Denn Bitcoin-Jünger werden hier auf jede denkbare Frage ihre Antwort finden. Allerdings nicht in Metaphern verschlüsselt, sondern für jedermann klar verständlich und unmissverständlich.

Weiterhin hat mir gut gefallen, dass der Autor bei kontroversen Themen – wie man es auch von seinem Blog gewohnt ist – immer alle Perspektiven fair beleuchtet. Und das, obwohl er vielleicht in einigen Fällen ideologisch belastet ist (wie wahrscheinlich jeder leidenschaftliche Bitcoiner). In seinem Vorwort betont Bergmann sogar im Bezug auf die Frage ideologischer Voreingenommenheit: “Natürlich bin ich […] nicht neutral”.

Und tatsächlich gibt es einige wenige Stellen im Buch, wo ich mir ein wenig mehr Objektivität gewünscht hätte. So zum Beispiel beim Kapitel “Das Geheimnis um Satoshi”. Hier wird auch die Frage diskutiert, wer hinter dem Pseudonym Satoshi stecken könnte. Mich hat beim Lesen dieses Kapitels das Gefühl beschlichen, der Autor streue seinen Lesern Sand in die Augen, um von der erdrückenden Beweislast, dass der Computerwissenschaftler Nick Szabo zusammen mit dem Software-Entwickler Hal Finney hinter Satoshi stecken, abzulenken.

So widmet er Nick Szabo gerade einmal zweieinhalb Seiten und lässt damit wichtige Details aus. Zum Beispiel führt der Autor an, dass es keine Hinweise darauf gebe, dass Szabo programmieren könne. Zwar ist das soweit richtig, liefert aber ein verzerrtes Bild der Szabo-Satoshi-Theorie. Diese besagt nämlich, dass der Computerwissenschaftler in enger Kooperation mit Hal Finney stand, welcher jenem beim Coding des Bitcoin-Protokolls zur Seite gesprungen ist.

Und tatsächlich verkündete Szabo nur wenige Monate vor dem Erscheinen des Bitcoin-Whitepapers auf seinem Blog unenumerated.blogspot.com, dass er nun endlich wisse, wie man eine funktionierende Digitalwährung aufzubauen habe. In einem Kommentar unter seinem Beitrag richtet er die Frage an seine Leser: “Anybody want to help me code one up?” (Kann mir jemand beim Coding helfen?). Um nicht als Satoshi enttarnt werden zu können, hat Szabo diese verdächtige Spur auch noch zu verwischen versucht, indem er das Datum des Blogposts später auf Dezember desselben Jahren abänderte (wie Journalisten der New York Times entdeckten). Im Dezember 2008 war das Bitcoin Whitepaper bereits publiziert.

Weiterhin enthält der Autor seinen Lesern vor, dass sowohl Szabo als auch Satoshi eigentümlicherweise das Charakteristikum hatten, jeden neuen Absatz mit zwei Leerzeichen zu beginnen. Anstatt aber diese Puzzleteile zu einem stimmigen Bild zusammen zu setzen, entkräftet Bergmann lieber eine unsinnige Theorie, nach der Cypherpunk Wei Dai und Nick Szabo die gleiche Person wären. Als ob das jemals ernsthafter Gegenstand der Debatte war?

Nun wird sich vielleicht der ein oder andere denken, ich gehe etwas hart mit dem Autor ins Gericht. Immerhin kann es doch auch sein, dass er diese Informationen nicht kannte. Möglich wäre das. Allerdings halte ich es angesichts seiner zur Schau gestellten Expertise für sehr unwahrscheinlich. Eher denke ich, dass sich Bergmann aufgrund ideologischer Differenzen mit Szabo mit Lorbeeren zurück hält. Im Gegensatz zu Bergmann ist dieser nämlich ein großer Anhänger der Second-Layer-Technologie Lightning.

Auch wenn es das durchweg empfehlenswerte Buch eigentlich nicht verdient hat, möchte ich noch einen weiteren Kritikpunkt anbringen. Leider bringt auch Christoph Bergmann die “Bitcoinblase” in Zusammenhang mit der “Tulpenmanie” des 17. Jahrhunderts – die im Februar letzten Jahres von der britischen Historikern Anne Goldgar als aufgebauschte Legende entlarvt wurde. Warum sollte man Bitcoin-Pessimisten also noch zusätzlich Nahrung geben, zumal auch noch mit bereits widerlegten Mythen?

Fazit

Christoph Bergmanns Buch “Bitcoin – Die verrückte Geschichte vom Aufstieg eines neuen Geldes” ist nicht nur informativ, sondern vor allem auch sehr unterhaltsam geschrieben. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der nach einer Bitcoin-Lektüre sucht, welche das Internet-Geld in all ihren Facetten darstellt. Auf der eigens für das Buch erstellten Webseite Bitcoin-Buch.org findet sich für alle Interessenten übrigens auch eine 27-seitige Leseprobe.

Hast Du Christoph Bergmanns Buch schon gelesen? Teile es uns in der Kommentarspalte mit!

Hinterlasse einen Kommentar

Please enter your comment!
Please enter your name here